Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt; und wer da lebt und glaubt an mich, der wird nimmermehr sterben.
Johannes 11,25+26
Blick - „Winkel“
Es kam alles so plötzlich, die schwere Krankheit, der Tod und jetzt die Trauer. Marthas Gefühle fahren Achterbahn. Und Jesus ist nicht aufgetaucht, obwohl sie es ihm haben ausrichten lassen, dass sein Freund Lazarus, ihr Bruder, im Sterben liegt. Doch jetzt ist es eh zu spät. Seit vier Tagen liegt er in Leintücher gewickelt in seinem Grab, wie ein Paket verschnürt, alles Leben aus ihm gewichen. „Wieso Lazarus, wieso ich, was wird jetzt aus Maria und mir?“
Eine Stimme reißt Martha aus ihren Gedanken: „Maria, Martha, Jesus kommt!“ Die Nachricht wühlt auf: „Ausgerechnet jetzt!“ Martha springt auf, rennt ihm entgegen und schleudert ihm dabei ihre ganze aufgestaute Wut direkt ins Gesicht: „Wieso warst du nicht da! Wieso hast du nicht
geholfen! Mit dir an seiner Seite wäre er nicht tot!“
Das sind harte Worte und eindeutige Erwartungen, die Jesus da treffen. Doch er lässt sie gewähren. Und nachdem Martha sich Luft verschafft hat, findet sie sogar Worte des Vertrauens, denn Jesus traut sie letzten Endes alles zu.
Und ihre letzten Worte greift Jesus auf, als er sagt: „Ich bin die Auferstehung und das Leben! Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt. Und wer lebt und an mich glaubt, wird niemals sterben - in Ewigkeit nicht. Glaubst du das?“
Als fromme Jüdin denkt Martha sofort an den jüngsten Tag und antwortet Jesus mit „Ja!“ Doch was ändert das an dem Schmerz, an dem Verlust und an den Sorgen, die sie jetzt quälen? Was ändert das an den Schwierigkeiten und Problemen, vor denen sie und ihre Schwester jetzt stehen?
So betrachtet tatsächlich erst einmal nichts. Doch in all ihren Gedanken kreist Martha, menschlich sehr verständlich, vor allem um sich selbst. Doch was tun, wenn die Hoffnungslosigkeit des eigenen Lebens einen derart fesselt? Was tun, wenn aus kleinen Notlügen große wer- den, wenn aus Selbstbetrug Betrug wird, wenn Treulosigkeit die Oberhand gewinnt und aus Verzweiflung und Angst die Gefühle anderer mit Füßen getreten werden? Was tun, wenn aus Not heraus das ICH immer weiter ab- stumpft und sich Gefühlskälte gegenüber anderen und sich selbst ausbreitet? Wie den geistigen Tod verhindern, der dadurch droht?
Diese Antwort wollte Jesus mit seinen Worten Martha
eigentlich geben. Er wollte sagen: „Ich befreie dich aus deiner Hoffnungslosigkeit! Wir gehen nicht in das Land der Toten, sondern in das Land der Leben- den. Nicht im körperlichen, sondern im geistigen Sinne. Wir gehen nicht dem Sonnenuntergang, sondern dem Sonnenaufgang entgegen. Lass dich auf meinen Blickwinkel ein. Vertraue mir! Lass mich dich mit Hilfe meiner Worte, meiner Sichtweise, und meiner Gebote durch dein Leben begleiten. Das heißt nicht, es wird problemlos, aber: Es macht dein Leben lebenswert.“
Isabella Wabel