Ich bin der gute Hirte. Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe. Ich bin der gute Hirte und kenne die Meinen und die Meinen kennen mich.
Johannes 10,11+14
Das ist vielleicht das älteste und schönste Bild, mit dem Jesus benannt, angerufen und darstellt wird: der gute Hirte, der sein eigenes Leben riskiert, um die Schafe seiner Herde zu schützen und sicher zu leiten. Der schlechte Hirte denkt nur an sich selbst, nutzt die Schafe aus und macht sich schon bei den kleinsten Widerständen aus dem Staub. In einem Sprichwort heißt es: „Ein guter Hirte schert seine Schafe, aber er zieht ihnen nicht das Fell über die Ohren.“
Das Bild vom guten Hirten ist ein tröstliches Bild, das die ersten Christen schon sehr früh als Bekenntnis zu
Jesus verwendet haben: Er ist es, der uns durch die Wüsten und Dunkelheiten unseres Lebens begleitet und führt. Von ihm getragen, kommen wir sicher nach Hause. Er hat sein Leben für uns gegeben. Er selbst ist das Leben.
Entscheidendes wird über die Beziehung zwischen diesem Hirten und „seinen Schafen“, die zu ihm gehören, gesagt. Jesus kennt die Seinen, er kennt jeden einzelnen mit Namen. Er sieht sie liebevoll an, weiß um ihren Wert und ihre Einmaligkeit. Auch ihre Not, Angst, Unruhe, Einsamkeit und unerfüllte Sehnsucht sind ihm nicht verborgen.
„Ich kenne die Meinen und die Meinen kennen mich“, das bedeutet: Hier be- steht eine ganz enge Verbindung aus Zuwendung, Zuneigung, Liebe und Vertrauen.
Das Besondere ist nun: Wer den guten Hirten Jesus Christus kennt, ihm nach- folgt und sich von ihm Leben in Fülle schenken lässt, der dann selbst zu einer guten Hirtin bzw. zu einem guten Hirten werden.
Der Geist Jesu ist dann die Antriebskraft, schenkt Einfühlungsvermögen, Mut, Widerstandskraft und Risikobereitschaft. Etliche Menschen würden das, was sie tun, wahrscheinlich in andere Worte fassen, aber sie werden dennoch zu Hirtinnen und Hirten. Sie sorgen und engagieren sich für andere, investieren Zeit und Energie, helfen unkompliziert, handeln geistesgegenwärtig, stehen als Gesprächspartner zur Verfügung, geben Hoffnung und Zuversicht, beten mit und für ihre Mitmenschen.
Ich denke da vor allem an diejenigen, die sich gerade jetzt in der Corona-Krise in den Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen, Arztpraxen und Gesundheitsämtern für unser aller Wohlergehen einsetzen und hierbei immer auch ihre eigene Gesundheit riskieren. Wir dürfen uns ihnen anvertrauen und da rauf hoffen, dass sie das Bestmögliche für uns möchten und unser Leben bei ihnen in guten Händen ist.
Die Qualität einer menschlichen Gemeinschaft zeigt sich immer auch an der Art und Weise, wie sie mit ihren schwächsten Mitgliedern umgeht. Ein Hirte läuft nicht weg, wenn es schwierig wird. Es ist beruhigend, dass wir so viele gute Hirtinnen und Hirten in unserer Gesellschaft haben.
Klaus Neumeister